Geburtsbericht Beckenendlage - Krankenhaus statt Geburtshaus

Morgens um 6:30 Uhr sitze ich heulend auf der Bettkante, frage mich, ob mein Körper jemals wieder der alte sein wird. Die Geburt ist nun knapp 6 Wochen, die Narbe zwickt immer noch, mein Bauch ist geschwollnen und druckempfindlich, ich fühle mich „zerschnitten“. „Es ist noch frisch, das wird schon wieder“, sagt mein Mann tröstend. 

Doch es fühlt sich einfach so komisch an.

Ich bin es von Lunas Geburt einfach nicht gewöhnt, dass ich mich so lange schlecht fühle. Es war einfach eine große Operation, das muss ich mir immer wieder vor Augen führen. Was mich beruhigt ist, zu wissen, dass Carlo selbst das Tempo vorgeben hat, wir nichts über seinen Kopf hinweg geplant haben.

 

Die Geburt hat mich geprägt, hat mein Bild vom heutigen Zustand in Krankenhäusern leider bestätigt und die 4 Tage dort haben dennoch etwas positives bewirkt. Sie haben eine Papa-Luna-Zeit geschenkt, die beiden unglaublich gut tat. Meine größte Sorge vor einer klinischen Geburt war immer, lange getrennt von meinen Liebsten zu sein. Ja, 4 Tage sind für mich lange. Ich war nie so lange von Luna getrennt und Luna ist sehr an mich, an uns gebunden. Diese Bindung und das Urvertrauen und die kommunikative Transparenz haben ihr Sicherheit gegeben. Sie wusste zu jeder Zeit, warum ich im Krankenhaus bin, wann ich wiederkomme und, dass das System um sie herum gut funktioniert. Oma und Opa, Baka, Papa, die Tanten, alle waren da und haben als Dorf für uns funktioniert. So unglaublich, wie toll es ist einen solchen Familienzusammenhalt zu spüren.

 

 


Jeden Abend möchte Luna zum Einschlafen die Geburtsgeschichte hören, findet es unglaublich spannend warum Mama im Krankenhaus war und warum der Krankenwagen kommen musste. Aber nun mal von vorne… here we go: Geburt die Zweite…

Mittwochnacht 06.09.23 04:00 Uhr lag ich mit Luna und meinem Mann im Bett „Oh shit Schatz, die Fruchtblase ist geplatzt!“. Es waren eigentlich noch 2,5 Wochen bis zum ET, ich hatte das Gefühl er würde viel später kommen, hatte mich zwei Tage vorher erst zur Geburt in Beckenendlage angemeldet, war aber fest überzeugt, der kleine Mann würde sich noch drehen. Den Termin zur äußeren Wendung hatte ich an dem Tag um 08:00 Uhr vereinbart, wie verrückt! 

Die Fruchtblase war nun also geplatzt. Mein Mann steht keine Sekunde später neben mir am Bett und fragt, was er tun soll. Er bringt alle Handtücher, die wir haben, es kommt immer mehr Fruchtwasser. Ihr könnt euch nicht ausmalen wie viel. Ich hatte das Gefühl jemand hätte ein warmes Aquarium über mir ausgeschüttet. 

Noch einen Tag vorher habe ich mit meiner Schwägerin darüber gesprochen, ihr gesagt es seien keine große Mengen Wasser, die da kommen. Sie wollte mir an dem Mittag noch Unterlagen bringen, damit das Bett nicht nass würde.

 

 

Ich rufe meine Geburtshaus-Hebamme an. Mit ihr hatte ich vereinbart, dass sie bei Geburtsbeginn zu uns kommt, mich untersucht und für den Fall, dass er sich nicht in Schädellage gedreht hat, wir ins Krankenhaus verlegen. Ansonsten wären wir für die Geburt ins Geburtshaus gefahren.

Irgendwie sagte mir mein Bauchgefühl, dass er sich nicht gedreht hatte. Ich versuchte zu tasten, spürte jedoch nicht, wo das Köpfchen lag. Mein Bauch war gefühlt flach. Die Hebamme sagte mir, sie fahre jetzt direkt los, sei in 20 min da. Sollten die Wellen beginnen, müssten wir einen RTW rufen. Oh no, bitte nicht. In mir stieg Panik auf, ich zittere wie lange nicht mehr. Mein Mann versuchte mich zu beruhigen, wir waren so ein eingespieltes Team, er war super ruhig. Ich packte meine Mediation auf die Ohren, konnte mich aber nur schwer in Trance begeben, da ich mich hilflos fühlte. Nicht zu wissen, wo und wie diese Geburt ablaufen würde, brachte mich aus der Ruhe. „Bitte nur nicht ins Krankenhaus“, dachte ich.  (Wer meinen Bericht über meine Angststörung gelesen hat, weiß wovon ich spreche)

 

Als meine Hebamme das Zimmer betrat, fiel sehr viel Anspannung von mir ab. Mein erster Gedanke: Wir wären nicht alleine, sollte er nun geboren werden.

Die Wellen setzen langsam ein, sehr leicht und schmerzfrei. Die Herztöne wurden abgehört, alles super! „Dem Baby geht es gut, es weiß sicher, was das beste ist“, sagte ich zu mir selbst. Zu wissen, dass es dem Kleinen gut geht, gab mir so viel Sicherheit. 

Meine Mama kam nun auch und legte sich neben Luna ins Bett. Luna schlief tief und fest, bekam nichts mit. Ich wusste, sie würde bis 08:00 Uhr ca. schlafen und sich freuen Oma und Opa beim Aufwachen zu sehen. Auch das beruhigte mich ungemein. Mein Horror wäre es gewesen, wenn sie sehen würde, wie ich mit wehenden Haaren zur Geburt ihres Bruders fahre und sie nicht mit dürfte. Das hätte mir das Herz gebrochen.

Die Hebamme untersuchte mich nun, der Muttermund war bereits 2 cm offen, sie konnte Füße und Popo des kleinen im Becken tasten. Füße und Popo klingt gut, das ist für eine Spontangeburt in Beckenendlage eine gute Ausgangssituation. Auch das beruhigte mich.

Was mich nicht beruhigte, war die Idee nun einen Rettungswagen zu rufen, um kein Risiko einzugehen. Uff, Krankenwagen war so das letzte was ich wollte. Aber nun gut. Immerhin kamen sie ohne Martinshorn. Sie rief auch im Krankenhaus an, in dem ich mich vorsichtshalber für die Geburt in Beckenendlage angemeldet hatte und fragte, ob nun jemand Dienst hatte, der dies begleiten könne.

Mein Mann packte im Hintergrund den Korb mit unseren Sachen ins Auto, wir hatten alles für eine ambulante Geburt eingepackt, da wir nicht planten irgendwo über Nacht zu bleiben. 

 

Im Krankenwagen musste ich mich auf den Rücken legen, wurde angeschnallt, mein Mann durfte nicht mitfahren, folgte uns mit unserem Auto. Mein Papa kam noch kurz an die Tür um mir zu winken, ich sah Sorge in seinen Augen. Ich wusste genau, wie aufgeregt er war. 

10 min. später erreichten wir das Krankenhaus. Ich hatte ca alle 10-15 min Wellen, weiterhin sehr leicht und schmerzfrei. Es fühlte sich nur wie ein leichter Periodenschmerz an. 

 

Im Kreißsaal angekommen (für das Team vor Ort ungünstigerweise um 05:30 Uhr zur Übergabe) empfingen uns zwei nette Hebammen und ich wurde erneut untersucht. Da es ja noch so früh war, war es draußen noch dunkel und das Licht gemütlich gedimmt. Trotz des Wissens in einer Klinik zu sein, konnte ich mich gut auf diesen Ort einlassen. Vermutlich wurde auch ein EKG geschrieben, daran erinnere ich mich ehrlich gesagt nicht mehr. „8 cm Muttermund, ich kann die Füße tasten, wir legen ihnen nun einen Zugang“, hörte ich die Hebamme sagen. Zugang, wozu? Ich diskutierte, wollte keinen Zugang, wozu auch… sie sagte mir, besonders bei Beckenendlage sei dies unabdingbar. Nun gut. Meinetwegen. Ich hatte immer wieder Wellen, musste aber nach wie vor nichts veratmen. 

Ein Grund, so mein Gefühl, warum die Geschwindigkeit der Geburt vom anwesenden Team etwas unterschätzt wurde. 

 

Eine Ärztin betrat den Kreißsaal, in der Hand einen Zettel und einen Stift. „Bitte nicht!“, dachte ich. Ich ahnte schon, was jetzt kam.

„Frau Glavas, die Hebamme hat sie gerade untersucht und konnte leider keinen Popo des Babys im Becken fühlen, sondern nur die Füße. Eine vollkommene Fußlage macht die spontane Geburt unmöglich. Zudem wurde Ihr Kind vor 2 Tagen auf 2400 gr geschätzt, was für eine spontane Geburt zu klein ist. Keiner der anwesenden Ärzte möchte eine spontane Geburt begleiten, wir bereiten Sie nun auf einen  Kaiserschnitt vor.“ 

Neeeeeein! Ich ging in meinem Kopf das Szenario durch: das würde bedeuten, ich bekomme eine Spinalanästhesie und müsste anschließend stationär bleiben. Nein, nein, nein. Ich war richtig sauer. Warum durfte ich nicht einfach gebären. Es fühlte sich so falsch an! 

Doch ich fühle mich hilftlos. Eine Verlegung würde ich nicht mehr schaffen und ich hatte auch keinen Kopf mehr für Plan B. Mein Mann sah mich an: „Bevor es ein Risiko gibt, müssen wir es machen.“ Er hatte natürlich Recht. Dennoch ging es mir alles andere als gut bei dem Gedanken gleich im OP zu liegen.

 

Ich unterschrieb den blöden Zettel, gab mich geschlagen. Schon vor der OP fragte ich, ob ich direkt danach gehen dürfe, ich hatte ja keine Ahnung. Heute muss ich bei dem Gedanken daran schmunzeln. Ich hatte die Storys derer im Kopf, die Kaiserschnitte freiwillig planten und alles ganz toll fanden. Nun gut. Geschmäcker sind bekanntlich verschieden und ein solcher Eingriff steht und fällt ja nun mal mit dem Team vor Ort. 

 

Mein Mann kam im sexy OP-Outfit zurück in den Kreißsaal, wenigstens ein Moment zum Lachen, gab mir meine Kopfhörer für meine Meditation. Die brauchte ich nun dringend. Ich bat um Wehenhemmer, denn ich merkte langsam mehr Druck nach unten. Für mich fühlte es sich schon bald nach Presswehen an. Ich bekam den Wehenhemmer. Anschließend Fuhrmann mich mit dem Bett in den OP. 

 

Licht, grüne Hauben, für meinen Geschmack zu viele Menschen und zu viele Schläuche, Monitore, Geruch von Desinfektion. Ich versuchte, mich an meinen sicheren Ort zu meditieren, es gelang so halbwegs.

Ich wurde nun auf die Spinalanästhesie „vorbereitet“. Leider wurde kaum kommuniziert. Ich fragte immer wieder, wie nun der Ablauf sei, ob es weh tun würde, wann es los ginge, keine Antwort. Die Kommunikation ließ generell zu wünschen übrig. Es wurde kommuniziert, allerdings nicht mit mir. Ich saß also auf der kalten Liege, an meinem Rücken klebte ein Tuch und es wurde plötzlich kalt. Vermutlich würden sie nun irgendwas spritzen, ich wusste es nicht. Drei OP-Schwestern standen vor mir, blickten mich an, sahen dass ich weinte, aus Angst, sagten nichts. Ich verstehe bis heute diese unempathsiche Art und Weise nicht. Es kostet doch nichts, ein nettes Wort zu sagen, um die Angst zu verringern, einfach zu erklären, was passieren würde. Ich spürte, dass etwas gespritzt wurde, die örtliche Betäubung, merkte aber keinen Schmerz. Zum Glück. In dem Moment eine Welle, ein Druck nach unten, ich spürte das Baby. Es wollte geboren werden. 

Ich sagte sofort bescheid, atmete bewusst lauter, damit man die Stärke der Welle wahrnahm. Schmerzen hatte ich keine. 

Ich bat schnellstens um Wehenhemmer, sonst würde das Kind gleich „rausflutschen“. Eine Hand wurde in mich hineingesteckt, die Ärztin stütze die Füße meines Babys im Bauch ab, damit dieser nicht „rausfiele“, so ihre Worte.

Wenn er doch rausfällt, warum schneiden wir dann meinen Bauch noch auf? Nun gut, sei es drum.

 

Die Narkose war gespritzt, ich hatte nichts gemerkt, ein Glück! Das Schlimmste hatte ich geschafft, dachte ich. Das taube Gefühl in meinem Bauch und Beinen war gar nicht so schlimm, wie ich befürchtet hatte. 

Ich wurde ohne Vorankündigung, wie gesagt Kommunikation war nicht so deren Stärke, an den Schultern auf den Stuhl heruntergedrückt, Vorhang vor, Eiwürfel-Test ob ich was spüre, los gehts. Mein Mann stand nun endlich neben mir, hielt meine Hand. 2 min später schrie unser Sohn. Carlo war geboren. 06:12 Uhr. Knappe 2 Stunden nach Blasensprung. Ich konnte es gar nicht realisieren, war das alles wirklich heute passiert? Es ging alles so schnell. 

Die Hebamme kam zu mir, streichelte mir die Schulter, verabschiedete sich in den Feierabend. Wie gesagt, ich kam ungünstig zum Schichtwechsel. Ich fühlte mich etwas allein gelassen. Erinnerte mich an den Moment der Geburt unserer Tochter im Geburtshaus zurück, es war ein Unterschied wie Tag und Nacht. 

 

Carlo wurde in den Nebenraum gebracht, dem Kinderarzt vorgestellt. Ich sagte zu meinem Mann, er solle überall mit hin gehen, ihn nicht alleine lassen. 

Hauptsache er war bei ihm! Kurze Zeit später kam mein Mann mit Carlo zurück, man legte ihn in einem Handtuch eingeschlagen auf meine Brust, er war so süß. Oh man, er sah aus wie Luna als Baby. Ich war sofort verliebt!

„Ist mit ihm alles ok? Ich möchte ihn stillen“, sagte ich sofort. „Ja mit ihm ist alles gut, sonst wäre er jetzt ja nicht bei Ihnen sondern schon auf der Intensivstation. Stillen geht jetzt leider nicht, hier ist es zu kalt er muss im Handtuch bleiben“. Wow! Was für Antworten. Das konnte doch wohl nicht wahr sein. Ich war mega verärgert. Das Wort Intensivstation will man als frisch gebackene Mutter jawohl nicht hören. Zum Thema Stillen: Im Handtuch ist es doch kälter für ihn als auf meiner warmen nackten Haut, dachte ich. Ich war sauer, wollte meinen Sohn bonden. Es wurde nicht erlaubt. 

Ich bat meinen Mann mit Carlo in den Kreißsaal zu gehen, ihn zu bonden bis ich komme, das schien mir sinniger. Schließlich wurde ich noch 40 min weiter operiert. Mir war nicht bewusst, dass das noch so lange dauert nach der Geburt. Aber klar, es ist ein großer Eingriff, eine riesen OP. Haut, Nerven, Faszien, Muskeln und Gewebe wurden zertrennt, die Gebärmutter herausgehoben, untersucht und die Plazenta entfernt.

Ich fragte nach meinem Blutverlusst, ob mit meinem Körper alles ok sei, man antwortete mir nicht. Ich fragte erneut. „Wenn was nicht ok wäre, hätten wir es schon gesagt“. Ok cool! Sorry für die Frage nach MEINEM Körper.

Mir war wichtig, die Plazenta später einmal zu sehen, ein Foto davon machen zu können. Schließlich hatte diese mein Baby und mich verbunden, Carlo 9 Monate lang ernährt. Außerdem erinnerte ich daran, dass sie Nabelschnurblut entnehmen, um Carlos Blutgruppe erneut zu testen. Dies war wichtig wegen des Rhesusfaktors. Schon in der Schwangerschaft musste mir eine Anti-D-Prophylaxe gespritzt werden. Nach der Geburt dann erneut. Wie gesagt, ich erinnerte sogar daran. 

 

Die OP war abgeschlossen, mein Bauch vernäht. 

Plötzlich sah ich meine Füße und Beine über mir schweben. Ich spürte sie nicht. Was passierte hier? "Wir mussten Sie kurz auf das andere Bett heben", die Schwester hob mich an den Schultern. Ah, ich wurde umgelagert. Gut zu wissen. Echt unangenehm ohne Vorankündigung. Ist es zu viel verlangt, solche Dinge vorher anzukündigen? Als Therapeutin weiß ich, wie wichtig es ist, Dinge anzukündigen, zu kommunizieren. Ist es zu viel verlangt, übertreibe ich? Jedenfalls fühlte es sich alles nicht sonderlich einfühlsam an. Das OP-Team hat sicher medizinisch gesehen das Beste gegeben, ich bin auch dankbar für diese Möglichkeit der OP, dennoch möchte ich bei Zeiten meinen Eindruck per Brief ans Krankenhaus rückmelden, in der Hoffnung, dass solche Dinge optimiert werden können und andere Frauen mehr Mitgefühl spüren dürfen.

 

Zurück im Kreißsaal angekommen erwartete mich mein Mann mit dem kleinen Carlo auf dem Bauch. Was für ein zuckersüßer Anblick. Die beiden kuschelten so schön zusammen und Carlo sah ganz gesund und zufrieden aus. Mein Mann berichtete mir von der U1, dass alles gut sei. Carlo hatte gute Werte. 

Nun durfte ich endlich stillen, auch beim zweiten Kind wieder ein magischer Moment. Er suchte sofort nach der Brust.

Der magische Moment war leider nur von kurzer Dauer, denn nur wenige Minuten später ging die Tür auf, die Hebamme aus dem Frühdienst kam mit einer Kamera um den Hals herein, stellte sich kurz vor und nahm dann ungefragt Carlo von meiner Brust. Was ist denn jetzt los? Ich war völlig fassungslos. Was hatte sie vor? Wieso nahm sie ungefragt mein Kind weg? 

"Wir machen jetzt ein kleines Fotoshootings!", sagte sie und wollte gerade mit dem Kleinen zum Wickeltisch gehen, da stand mein Mann wie ein Gorilla neben dem Bett, sein Kopf wurde rot. "Sie lassen meine Frau jetzt bitte endlich in Ruhe stillen, was für ein Laden ist das denn hier?". Es war echt wie in einer schlechten Komödie. Ich betonte auch nochmal, dass es nun definitiv kein Shooting geben würde, dass Carlo bei mir auf dem Bauch bleiben und in Ruhe trinken würde. Die Hebamme war sauer. Das Foto müsste sein, schließlich würden wir dann eine tolle Grußkarte erhalten. 

Darauf kann sie gerne verzichten, dachte ich und schickte sie weg. Es kam mir schon fast gemein vor, so direkt zu sein, doch mein Fass war allmählich übergelaufen. 

Sie fotografierte während ich stillte, im Nachhinein frage ich mich, warum ich auch das nicht einfach abgelehnt habe. Unmöglich eine solche übergriffige Art.

 

Es vergingen keine 10 Minuten, da ging die Tür erneut auf. Wieder die Foto-Hebamme. Was wollte sie denn nun?

Sie legte eine kleine Kiste auf meinem Bett ab, nahm Carlos Hand und begann ein Perlenarmband zu befestigen. Dass das ganze erneut ohne Absprache stattfand, muss ich sicher nicht extra erwähnen. Ich schaue sie irritiert an. "Muss er das haben? Dieser Verschluss kratzt an seiner zarten Haut. Wir möchten bitte kein Armband."

Pustekuchen. Sie knotete das Band zu, verließ den Raum. Jedes Baby bekomme so ein Band, das sei schön als Deko.

Ich wusste nichts zu antworten, es war zwecklos. Schmunzelnd blickte ich meinen Mann an. Was was das bitte für eine Freak-Show? Mal ehrlich, warum wird man als Eltern nicht gefragt, übergangen, was soll so ein Blödsinn. Nach der Geburt möchte man als Familie Ruhe und Zeit alleine. Mein Mann drückte auf die Klingel, eine Schwester kam herein. "Bringen Sie uns bitte eine Schere!", sagte er ernst. Die Foto-Armband-Hebamme kam mit Schere in den Kreißsaal, schnitt das Armband durch. Die Perlen fielen Carlo auf den Bauch und rollten durchs Bett. Perfekt! Es würde mir noch fehlen, wenn er sich daran verschluckt. 

Long story short: Ich freute mich sowas von auf zu Hause aber zunächst ging es jetzt erstmal auf die Station, da würde es sicher besser werden. 

Der schönste Moment war das Kennenlernen unserer beiden Kinder.

Luna hat Carlo sofort in ihr Herz geschlossen, ihn gekuschelt und ist jeden Tag so unglaublich stolz eine große Schwester sein zu dürfen.

Einfach das Größte für uns die beiden zusammen zu sehen.

Ich kürze die folgenden Tage nun ab. 4 Tage blieb ich im Krankenhaus, zunächst auf einem 2-Bett-Zimmer, dann zum Glück alleine.

Das Personal war sehr nett, leider jedoch extrem unterbesetzt und teils (so hart das klingt) nicht besonders fähig.

Carlo sollte Blut abgenommen werden, da die Plazenta und Nabelschnur "aus versehen" entsorgt wurden. Oh Wunder. 

Thrombosespritze wurden bei mir leider auch vergessen. Ich lag zudem zwei Tage lang auf einer OP-Plastikfolie, hatte dadurch einen Dekubitus ersten Grades, konnte also nicht sitzen oder liegen vor lauter Schmerzen. Abgesehen davon, dass ich teils bei der Essensvergabe vergessen wurde, man meinen Katheter bis zum letzten Tag ließ, mit dem Argument man habe keine Zeit mich zu mobilisieren, wurde mir zu allem Überfluss ein viel zu kleines Stillhütchen empfohlen. Es bildete sich so nun auch an meiner Brust noch eine offene Wunde, die nun zu einer Narbe wurde. Noch heute habe ich links kaum Milch, da ich tagelang mit der linken Brust nicht stillen konnte. Die Info, an meiner Narbe sei nur links ein Knoten, den meine Wochenbetthebamme nach sieben Tagen ziehen sollte, führte dazu, dass der Knoten rechts (ja, da war auch ein Knoten!!) innen mit Samt langer Schlaufe verschwand und sich entzündete. Mein Körper stieß den Knoten zum Glück selbst ab, was jedoch zu Schmerzen und eitriger Entzündung der Narbe führte. Ich wurde also im Wochenbett beim Gynäkologen vorstellig.

Meinen Geburtsbericht der Klinik habe ich bin heute nicht. Im Entlassbrief steht: Wochenbettverlauf ohne Befund. Ist scheinbar eine Ansichtssache.

Beim Kinderarzt stellten wir bei der U3 fest: Selbst die Eintragung der Geburt im U-Heft war fehlerhaft, so sei Carlo laut Eintragung 31+3 geboren, also ein Frühchen. Carlos Geburt war in der 38. Woche!


Wie ihr lesen könnt, ist einiges nicht ganz so abgelaufen, wie man es sich als Patientin wünscht. 

Fehler kann ich verzeihen, aber so eine Anhäufung von Dingen die schief laufen auf Kosten der Wöchnerin, das ist kaum zu beschreiben.

Ich wünsche niemandem solch ein Chaos und solch eine Erfahrung. Zum Glück habe ich mich gut vorbereiten können und durch mein erstes Kind Erfahrung, für eine Erstgebärende wäre das wirklich ein mieser Start gewesen. 

Bitte werdet laut! Meldet euch immer beim Team vor Ort, wenn ihr das Gefühl habt, es stimmt etwas nicht, fordert Hilfe ein und lasst euch vor allem nicht die Butter vom Brot nehmen. Ich habe mich mit vielen ausgetauscht, die ähnliches erlebt haben und kaum einer hat hinterher etwas gesagt, weil es sicher nichts verändern würde. Das sehe ich anders. Auch, wenn es nur dazu führt, dass das Team es untereinander anspricht und so ein paar Dinge geklärt werden können, wäre es schon ein Erfolg. 

Es tut mir für all die Pfleger und Hebammen leid, die wirklich lieb waren, gute Arbeit geleistet haben aber aufgrund der extremen Unterbesetzung völlig überlastet sind. 

 

Kommentiert gerne mal, wie eure Meinung dazu ist. Ist das ein Zustand der einfach mitterweile Standard geworden ist? Wie soll das zukünftig so weitergehen? Mir macht diese Form der Entwicklung in Krankenhäusern wirklich große Sorgen. So kann ich nur jedem ans Herz legen, solange es vom Verlauf der Schwangerschaft möglich ist: schaut euch die Option der außerklinischen Geburt an! Natürlich muss nicht jeder Kaiserschnitt so ablaufen, es gibt auch viele tolle Erlebnisse! Dies ist nur unsere Geschichte.

Für alle, die es noch nicht gelesen haben verlinke ich hier mal meinen Geburtsbericht unserer ersten Tochter im Geburtshaus Düsseldorf. 

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Kommentare: 5
  • #1

    Lena (Montag, 16 Oktober 2023 13:31)

    Es tut mir so leid, dass du diese Erfahrung machen musstest, ich hatte die Daumen gedrückt, dass er sich noch rechtzeitig dreht. Deine Erfahrung zeigt mir mal wieder, warum es auch mein persönlich Horror wäre, im Krankenhaus entbinden zu müssen. Meine 3. Hausgeburt dieses Jahr stand auch auf der Kippe, weil bei mir in der 35. Woche Streptokokken festgestellt wurden. Ich hab noch nie solche Angst gehabt wie in den folgenden zwei Wochen. Ich hatte Glück und habe sie mit Antibiotika wegbekommen und konnte mein Kind zuhause gebären, wo so ein Verhalten wie vom Personal in deinem Krankenhaus einfach undenkbar wäre. Ich kann echt nur jedem raten, sich mit außerklinischen Geburten zu beschäftigen und sich zu trauen. Meine Geburten waren einfach wunderbar ❤️. Ich wünsche dir trotzdem alles Gute zur Geburt deines Sohnes ❤️

  • #2

    Lisa (Montag, 16 Oktober 2023 16:53)

    Liebe Ida, es tut mir leid, das du all das erfahren musstest. Da ist einiges schief gelaufen, was vermeidbar gewesen wäre.

    Tatsächlich ist es bei mir wesentlich besser gelaufen (aber auch nicht perfekkt). Ich hatte auch einen ungeplanten Kaiserschnitt/Bauchgeburt. Allerdings hatte ich die ganze OP über nicht nur meinen Mann neben mir, sondern auch einen tollen Anästhesisten, der mir zum einen alles erklärte, sowohl mich auch regelmäßig nach dem befinden fragte und in den richtigen Momenten (zb als mein Mann mit Kind schon draußen war) beruhigend eine Hand auf die Schulter legte.
    Als ich zurück in den Kreißsaal kam und das Baby auf mich gelegt wurde musste ich auch erstmal sagen, dass ich stillen möchte ("Oh, achso Sie wollen stillen"), wobei das ja beim Vorstellungsgespräch bereits abgefragt wurde.
    Auf der Wochenbettstation wurde ich auch sehr gut betreut, in dem Sinne das ich in Ruhe gelassen wurde und beim klingeln freundlich betreut wurde. Der Katheter wurde nach ca 12h gezogen und ich musste aufstehen (ich hätte mich kaum wehren können, denke ich :D )
    Am nächsten Tag wurde mir beim Duschen geholfen, etc.

    Schade fand ich nur die mangelnde Unterstützung beim Stillen und einen Kommentar anfangs bei der schmerzhaften Einleitung ("Wie wollen Sie denn ein Kind bekommen, wenn Sie das schon nicht aushalten").
    Sonst habe ich mich sehr wohl gefühlt.

    Allerdings hängt das sicher sehr stark am Personalschlüssel, täglichen Launen der Mitarbeiter und der Auslastung der Station.
    Obwohl ich zugeben, dass es bei dir sehr viele nogos gab.

  • #3

    Christina (Montag, 16 Oktober 2023 18:48)

    Heyhey, ich hab noch kein Kind,
    Arbeite aber im Krankenhaus. Ein Verhalten bei dem nicht kommuniziert wird, geht gar nicht. Eine „Beschwerde“ ans Krankenhaus würde ich auf jeden Fall schreiben. Wie fu du sagst denken vllt die Leute die betroffen sind dann einfach mal für sich darüber nach. Wenn ich so etwas lese schäme ich mich für meine Berufsgruppe. Selbst wenn man viel zutun hat sollte man immer so viel Empathie zeigen, wie man es selbst erwarten würde. Hoffentlich kannst du bald für dich mit dem Thema abschließen und die Zeit mit deinen beiden kleinen genießen

  • #4

    Andrea (Dienstag, 17 Oktober 2023 14:15)

    Ich habe dich ja vorhin gefragt in welchem Krankenhaus du entbunden hattest. Auch ich war in dem Krankenhaus (ein nicht katholisches Krankenhaus in Düsseldorf Unterbilk/Friedrichstadt) �.

    Die Dinge, die du beschreibst, kann ich so unterschreiben. Chaotisch, personell Unterbesetzt, unfähig. Auch ich hatte einen Kaiserschnitt, den ich nicht wollte. Heute bin ich nicht einmal sicher ob der wirklich notwendig war.

    Zum Hintergrund: Ich wurde beim FA im CTG auf den Rücken gelegt. In der 38. SSW. Dadurch habe ich ein Svens Cava Syndrom entwickelt und die Herztöne meines Sohnes haben sich verschlechtert. Sie stabilisierten sich zum Glück, meine Frauenärztin wollte trotzdem dass ich ins KH fahre. Das besagte KH war die nächste Option.

    Beim Kaiserschnitt wurden Plazentareste übersehen. Ich musste nun noch mal nachträglich ausgeschabt werden. Jede Ausschabung birgt das Risiko, dass eine weitere Schwangerschaft nicht mehr möglich ist. Oder es wieder Komplikationen mit der Plazenta und der Gebärmutter (Verwachsungen) gibt. Leider wird man ohne Abschlussuntersuchung aus dem Krankenhaus entlassen. Da ich nicht das erste mal in diesem KH war, kann ich sagen: von 4 Aufenthalten habe ich nur einmal eine Abschlussuntersuchung erhalten. Und das nur weil ich darauf bestanden hatte.

    Das mit dem Bändchen - ja, die Situation hatten wir auch. Unnötig. Mein Mann durfte zum Glück direkt den kleinen Mann ins Bonding nehmen.

    Auf der Station selbst war es auch Chaotisch. Nach dem Kaiserschnitt ist man nicht mobil. Trotzdem gab es kaum Personal was mich bei der Versorgung meines Kindes Unterstützen konnte. Auch die Stillberatung ist fast schon fahrlässig. Für meine Bettnachbarin gab es keine Hilfe zum Milcheinschuss (sie hat mit Flasche gestillt).

    Außerdem hat niemand kontrolliert wie viel Besuch im Zimmer war. Teilweise waren bei meiner Bettnachbarin 5 Besucher … erlaubt waren Max. 2… das war so maximal nervig, da der Besuch auch die vollen 6! Stunden blieb.

  • #5

    Franzi (Dienstag, 17 Oktober 2023 14:31)

    Liebe Ida, es tut mir sehr leid um deine Erfahrungen und hoffe, dass ihr diese gut Verarbeiten könnt.

    Meine Erfahrungen waren Gott sei Dank etwas positiver als deine. Ich habe zwei geplante Kaiserschnitte hinter mir (medizinisch notwendig), und bin sehr froh, dass es diese Möglichkeit gibt. An sich waren beide Tage die schönsten meines Lebens und ich habe sie in guter Erinnerung. Tatsächlich waren bei beiden Malen liebe Anästhesisten/Hebammen/Schwestern an meiner Seite, haben mir alles erklärt und mir meine Ängste genommen. Auch die 3 bzw.4 Tage nach den Geburten wurden wir super gut und lieb betreut. Das waren auch Gründe, warum ich mich bei der zweiten Geburt dazu entschieden habe, wieder in dasselbe Krankenhaus zu gehen. Aber leider gab es auch Schattenseiten. Bei der ersten Geburt standen urplötzlich ohne Absprache (gefühlt 15) Studenten neben mir an der OP-Liege und begutachteten meine untere Körperhälfte. Hier hätte ich mir auch eine bessere Kommunikation gewünscht. Mir war bewusst, dass es ein Lehrkrankenhaus war und ich hätte nichts dagegen gehabt, jemanden zuschauen zu lassen, der lernen will. Aber doch bitte erst ankündigen.

    Bei der zweiten Geburt hatte meine Tochter leider Startschwierigkeiten und musste direkt in die Kinderklinik verlegt werden, die das Geburtskrankenhaus intern leider nicht hatte. Sie wurde mir also nachdem ich im OP fertig war total verkabelt und mit Schläuchen in der Nase für etwa 15 Minuten auf den Bauch gelegt und dann musste sie für 24 Stunden weg. Ich habe meinen Mann mit ihr geschickt und dann war ich ganz alleine - es war Corona-Zeit und ich durfte keinen Besuch empfangen. Ich lag da, allein mit meinen Ängsten und Gedanken und wusste nicht, wann ich endlich zu ihr darf oder wann sie zu mir zurück kommt. Mein Mann verbrachte jede Minute bei ihr und teilte mir alles mit, was ihm gesagt wurde. Nachts wurde er nach Hause geschickt und es war die schlimmste Nacht meines Lebens. Ich wusste mein kleines Mädchen liegt ganz allein in ihrer ersten Nacht auf dieser Welt in einem sterilen Krankenhausbett. Ich habe die Nacht durchgeweint. Am nächsten Morgen war mein Mann bei ihr. Ihm wurde gesagt, dass auch die kleine Maus die ganze Nacht geschrien hat. Sie war heiser und kaum zu beruhigen. Also setzte mein Mann sich mithilfe einer total lieben Kinderkrankenschwester dafür ein, dass mein Mädchen schnellstmöglich zu mir durfte. Gott sei Dank mit Erfolg. Sie hatte sich selber die Schläuche aus der Nase gerissen und durfte zu mir gebracht werden. Am 6.9.21 um 10:17 Uhr wurde sie geboren. Am 7.9.21 um 10:17 Uhr betraten die Sanitäter mit meiner Tochter mein Zimmer. Und am 9.9.21 um 10:17 Uhr Betrat ich mit ihr die Treppe vor dem Krankenhaus und wartete auf meinen Mann, der das Auto holte und uns endlich alle gemeinsam nach Hause fuhr. Der schönste Moment war, als mein Sohn seine kleine Schwester nach 3 langen Tagen endlich zum ersten Mal sehen durfte

HERZGEMACHT

Ida Glavaš 

 Artgerecht® Coach - Babyschlafberatung - Kreativ-Workshops

01577 23 88 254

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